5 Dinge, die Journalisten gar nicht wollen

Totenkopf als Metapher für was Journalisten nicht wollen

Was Journalisten gar nicht wollen

  1. Ungefragt in Newsletter-Abos und Verteiler landen - ohne Abmeldemöglichkeit

Jeder Absender hält seine Nachricht für wichtig. Das ist menschlich nachvollziehbar. Allerdings hat die Zahl der Mails so überhand genommen, dass der Gesetzgeber sich gezwungen sah Regeln für das Zusenden von Marketing-Mails, insbesondere an Privatpersonen, zu erlassen.

Offenbar denken aber einige im Business-to-Business-Segment immer noch: viel hilft viel. Ich weiß, dass die meisten PR-Berater und Marketing-Menschen ihren Job beherrschen, aber einige halt auch nicht.

Und wenn Sie als Unternehmerin bzw. Kleinunternehmer neu im Feld der Pressearbeit sind, ist es vielleicht ganz nützlich das eine oder andere aus Journalisten-Perspektive zu erfahren.

Jedenfalls mögen es Journalisten gar nicht, wenn sie plötzlich auf einem Verteiler von Leuten, Agenturen oder Firmen landen, mit denen sie noch nie Kontakt hatten, um dann im Wochentakt mit Medienmitteilungen beglückt werden. Denn in 99 Prozent der Fälle können sie mit den Pressemitteilungen nichts anfangen, weil

  • die Themen für sie nicht relevant sind (Beispiel: Reisejournalistin erhält Pressemitteilung zu einem Aktionstag für mehr Teilhabe von behinderten Menschen - gute Sache, aber falsche Adressatin)

  • sich der CEO in der Medienmitteilung zwar selbst lobt (“Uns ist gelungen….”, “Wir sind deutschlandweit die besten….”, “Kein Unternehmen kann von sich behaupten…außer uns.”), aber die Presseinfo weder eine Nachricht enthält, noch Futter für eine interessante Story bietet.

Mehr zum Thema, ob das Verfassen einer Pressemitteilung sinnvoll ist

Besonders ärgerlich wird es, wenn keine Abmeldemöglichkeit existiert. Ganz schrägt wird’s, wenn zwar eine Abmeldemöglichkeit vorhanden ist und die Journalistin aufs Unsuscribe-Knöpfle klickt, aber sie eben trotzdem die Mails weiter erhält.

Das ist keine Fiktion, sondern ist mir gerade passiert. Also habe ich eine manuelle Mail geschrieben. Das kostet Zeit und ärgert mich ehrlich gesagt auch.

2. Interviews ausschließlich per Mail

Presseanfrage ist raus, als Antwort kommt: “Können wir das Interview per Mail führen?”. Nein, können wir nicht, zumindest nicht ausschließlich. Denn reine Mail-Interviews wirken ungefähr so authentisch wie eine Wanderin in High Heels: Holprig und in jedem Fall unnatürlich.

Dazu möche ich ausholen: Es gibt zwei Arten von Interviews:

  • das Wortlaut-Interview, welches auch als Interview gedruckt werden soll und

  • das Recherche-Interview, welches dem Journalisten zunächst dem Faktensammeln dient. Ich sage dazu auch gerne Recherche-Gespräch. Hier nutzt der Journalist allenfalls Zitate des Gesprächspartners.

Der Charme eines Wortlaut-Interviews liegt ja im Wortwitz, in spontanen Wendungen und in der Wiedergabe gesprochener Sprache, gerne kontrovers und polarisierend.

Rein schriftlich verfasste Wortlaut-Interviews klingen dagegen oft formell, enthalten keine Umgangssprache, häufig weil der Interviewpartner meint, alles möglichst korrekt wiedergeben zu müssen. Sie sind glatt gebügelt, es fehlen Ecken und Kanten.

Dazu kommen schlimmstenfalls noch Passiv-Verben, endlose Schachtelsätze und “einerseits", andererseits”-Formlierungen - fertig ist der Journalisten-Albtraum 😢

Daher bevorzugen Journalisten in der Regel (es gibt natürlich immer Ausnahmen) das direkte Gespräch per Telefon oder Zoom.

Bei wichtigen Interviews vereinbaren sie einen Termin vor Ort. Da Interviewpartner in der Regel wissen wollen, worum es im Wortlaut-Interview gehen wird, zurren sie die Themen vorab fest. Dies geht natürlich prima per Mail und das ist auf diesem Weg völlig in Ordnung.

3. Es sich “kurzfristig” anders überlegen

Die Fahrkarte ist gebucht, der Beitrag von der Redaktion fest eingeplant, die Kinderbetreuung ist festgezurrt (auch für den Fall, dass diese ausfällt, existiert Ersatz).

Dann am Abend vorher der Anruf: “Hm, nö, ich will nun doch nicht porträtiert werden”. So ist es vor Jahren einer Kollegin ergangen. Die freie Journalistin hatte nicht nur enormen Orga- und Rechercheaufwand vorab, sondern als Bonus auch einen dicken Honorarausfall. Einfach, weil ihr Gesprächspartner es sich kurzfristig anders überlegt hat.

Nicht falsch verstehen: Es ist absolut ok, wenn die Außeministerin einen Interviewtermin kurzfristig absagt, weil sie nach Katar fliegen muss.

Es ist auch absolut ok einen Termin kurzfristig abzusagen, wenn der/die zu Interviewende kurzfristig malade wird, etwas Schwerwiegendes im Unternehmen passiert oder ein Familienmitglied ernsthaft erkrankt.

Es ist aber nicht in Ordnung ein Interview am Abend vorher abzusagen, weil man es sich “halt anders” überlegt hat.

Überlegen Sie also lieber einen Tag länger bevor Sie zusagen. Wenn Sie “Ja” sagen, halten Sie sich dann aber auch daran. Sie gehen ja keinen Bund fürs Leben ein 😉

4. Auf firmeneigene Schreibweise bestehen

Tja, was soll ich sagen: Es gibt wohl (fast) nichts, was ich als Journalistin nicht erlebt habe. Als ich als frisch gebackene freie Journalistin ein Firmenporträt über ein Technologietransfer-Unternehmen schrieb, meinte der Geschäftsführer mich darauf hinweisen zu müssen, dass ich beim nächsten Mal doch bitte die firmeneigene Schreibweise in GROSSBUCHSTABEN verwenden sollte.

Er verwendete dabei die mittelfreundliche Formulierung “ausmerzen” (es gab übrigens kein nächstes Mal).

Grundsätzlich richtet sich die Schreibweise nämlich nicht nach Corporate-Regeln, sondern nach der Rechtschreibung. Und die lautet in diesem Fall einfach: Wird der Unternehmensname wie ein Wort ausgesprochen, beispielsweise BLUMEN Müller, das schreibt die Redaktion eben Blumen Müller. Handelt es sich beim Firmennamen um eine Abkürzung wie bei BASF (der Badischen Anilin- und Sodafabrik), dann schreibt die Redaktion BASF und nicht Basf.

5. Darauf bestehen, den Bericht vor Druck zu lesen

Es gibt Kolleginnen und Kollegen, die sich (aus unterschiedlichen Gründen) darauf ein lassen. Aber: Die Mehrheit tut es nicht, allenfalls Zitate und einzelne Passagen stimmen Journalisten ab. Redaktionelle Berichte sind schließlich kein Marketing, sondern dienen der unabhängigen Berichterstattung.

Außerdem können Sie bei TV- und Radiointerviews danach den Beitrag auch nicht nach Gutdünken zensieren.

Hier noch mal den Unterschied zwischen Werbung und PR nachlesen.

PS. Es ist übrigens insbesondere als Solopreneur und Kleinunternehmerin völlig in Ordnung dem Journalisten zu sagen, dass er oder sie bislang keine Erfahrung mit der Presse hat und vielleicht auch etwas unsicher ist.

Ich erkläre dann immer gerne, gerade vor aufwändigeren Vor-Ort-Terminen, was ich als Journalistin will/ brauche und wie das Prozedere idealerweise laufen sollte.

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