Wie schreibt man eine Pressemitteilung, die Journalisten lesen?

Megafon als Metapher für eine Pressemitteilung

Wie schreibt man eine Pressemitteilung, die Journalisten wirklich lesen?

Die “Wie schreibt man eine Pressemitteilung”-Anleitung setzt voraus, dass Sie sich für das PR-Instrument Medienmitteilung bewusst entschieden haben.

  1. Hat Ihre geplante Pressemitteilung für Journalisten einen echten Nachrichtenwert?

  2. Story öde oder boah? So entscheiden Journalisten

  3. Fassen Sie die Kernbotschaft in einem Satz zusammen

  4. Wie lang darf eine Pressemitteilung sein?

  5. Welche Elemente muss eine Pressemitteilung enthalten?

  6. Welche Elemente kann und darf ich zusätzlich in eine Pressemitteilung aufnehmen?

  7. Welcher Sprachstil eignet sich für eine Pressemitteilung?

Zur Frage, wie man eine Pressemitteilung verfasst, existieren natürlich genauso viele Anleitungen wie PR-Expertinnen und Experten. Alle haben die Weisheit mit Löffeln gefressen (ich natürlich auch ;-))

Daher beschreibe ich jetzt einfach mal die Variante einer Medienmitteilung, wie ich sie sinnvoll finde und wie ich sie als Journalistin gerne hätte.

1. Hat Ihre geplante Pressemitteilung für Journalisten einen Nachrichtenwert?

Bevor Sie Mühe, Zeit oder gar Geld in das Verfassen einer Pressemitteilung stecken, sollten Sie wirklich erst gründlich nachdenken. Bitte checken Sie vorab, ob das, was Sie in Ihrer Presseinfo erzählen wollen, für Außenstehende spannend klingt.

Ob Ihr gewünschtes Informationsangebot für Journalistinnen und Journalisten relevant sein könnte, entscheiden nämlich sogenannte Nachrichtenfaktoren.

Ich kann verstehen, dass Sie jetzt zusammenzucken: Der Begriff “Nachrichtenfaktor” klingt fürchterlich theoretisch.

Der Begriff leuchtet aber ein, sobald Sie folgende Beispiele lesen.

Nachrichtenfaktoren sind nichts anderes als Schubladen, in die Journalisten im Geiste Ihre Story einsortieren.

Und: eine Nachricht darf gerne auch in mehrere Schubladen passen. Das führt dann manchmal auch dazu, dass eine Meldung in einer Zeitung an mehreren Stellen stattfindet. Das ist aber eher ein Luxusproblem.

2. Presseinformation: Story öde oder boah?

Folgende Nachrichtenfaktoren geben Ihnen eine erste Orientierung, wie Journalisten entscheiden.

  1. Räumliche Nähe: Sie planen als Unternehmen eine Spendenaktion für den örtlichen Kindergarten oder engagieren sich neben Ihrem stressigen Job als Unternehmerin auch noch im Gemeinderat. All das interessiert, wenn Sie es gut verpacken, die lokale Presse. Die überregionale Presse wird hier eher nicht anbeißen.

    ➡️ Lokale Relevanz ist vergleichsweise einfach zu schaffen und reicht eben aus, wenn die Lokalpresse für Sie (auch) interessant ist.

  2. Der Promi-Faktor macht aus (fast) allem eine überregional relevante Nachricht. Sie geben Kleidung und Essen an Flüchtlinge aus? Das interessiert nationale Zeitungen und TV-Sender leider gar nicht.

    Herbert Grönemeyer gibt Essen und Kleidung an Flüchtlinge aus? Sie ahnen die Antwort.

    ➡️ Die meisten Solopreneure und KMUs werden den Nachrichtenfaktor Prominenz wohl nicht (oft) erfüllen können, daher wird das nicht Ihr Weg sein um in die Medien zu kommen.

  3. Breaking News: Die Zulassung des ersten Impfstoffs gegen Gebärbutterhalskrebs ist genauso eine bahnbrechende News wie das erste Vakzin gegen das Corona-Virus. Beide Impfstoffe wurden von deutschen Forscherinnen und Forschern entwickelt und erregten weltweit Aufmerksamtkeit.

    ➡️ Auch hier wird es für Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmer schwer. Die meisten Solopreneure und KMUs haben nicht die Ressourcen für Erfindungen in dieser Größenklasse.

    Aber: Es muss ja nicht immer gleich eine Weltneuheit sein. Gerade im Land der Tüftler und Schaffer (gemeint ist Baden-Württemberg, wo ich lebe) fallen mir immer wieder Firmen auf, die besondere originelle technische Lösungen entwickeln.

    Beispiel: Der oberschwäbische Fertighaushersteller Baufritz hat sich auf ökologische, hochwertige und hochpreisige Fertighäuser spezialisiert und landet mit seiner Story regelmäßig in den Medien.

  4. Ratgeber-Aspekt / Nutzen für die Allgemeinheit: Einige der bereits genannten Beispiele, wie Impfstoffe sind nicht nur eine Breaking News, sondern erfüllen auch das Kriterium des Nutzens für die Allgemeinheit.

    ➡️ Hier können Sie punkten, in dem Sie einem Redakteur aufgrund Ihres Expertenwissens auf ein Thema stoßen, das in sein Ressort passt, aber über das er/sie bzw. die Branche noch nicht nachgedacht bzw. geschrieben hat.

    Beispiel: Ein Honorarberater macht einen Finanzredakteur auf die hohen versteckten Kosten von Mischfonds aufmerksam und wird später im Artikel dazu ausführlich zitiert.

  5. Emotionen: Der Wirt eines bayerischen Landgasthofs entscheidet, dass er nach seinem Entzug nur noch alkoholfreie Getränke anbietet, auch um sich selbst vor einem Rückfall in die Sucht zu schützen.

    Diese Nachricht schlug deutschlandweit ein, weil sie einen Nachrichtenwert nach dem in Journalisten-Büchern häufig zitierten Beispiel “Mann beisst Hund” bietet.

    Was ist mit dem “Mann beißt Hund”-Prinzip gemeint?

    Die Nachricht, dass ein Hund einen Mann beisst, ist keine. Ein Mann, der einen Hund beisst, ist definitiv eine Nachricht.

    Auf das oben genannte Beispiel übertragen heißt das: ein Gasthof, der Alkohol ausschenkt, ist keine Nachricht. ABER: Ein Gasthof in Bayern, also im Bundesland der Biere, der keinen Alkohol und damit kein Bier ausgibt (verbunden mit der Begründung, dass der Wirt trockener Alkoholiker ist), ist eine Nachricht.

    Zudem löst das persönliche Schicksal des Wirts auch Emotionen aus.

    ➡️ Bei Emotionen haben kleinere Unternehmen und Solopreneure sogar einen ausgesprochenen Vorteil, da Journalisten Storys von kleinen Unternehmen per se sympathischer finden.

    Aber Vorsicht: Journalisten wittern auch bei Einzelunternehmern schnell, wenn es sich um eine allzu konstruierte Story handelt. Dieser Schuss geht dann vielleicht nach hinten los.

  6. Skurrilität: Fast jede Journalist hat ein Faible für Schräges. Die Hürden um in die lokale oder regionale Zeitung zu kommen, sind vergleichsweise niedrig. Aber die Rubrik “Skurriles” bietet auch Potenzial für nationale Medien.

    ➡️ Schräge Museen sind bei Journalisten immer wieder gerne genommen, etwa das “Disgusting Food Museum” in Malmö oder Museum der zerbrochenen Beziehungen in Zagreb.

  7. Krise/ Konflikt/ Kampf: Die Gewerkschaft GDL, die mit ihren Warnstreiks über Wochen Zugreisende in Atem hält, der Terroranschlag der Hamas auf Israel - all das interessiert Journalisten brennend. Als Kleinunternehmerin oder KMU haben Sie vermutlich selten Krisen von nationaler oder internationaler zu bewältigen. Und dann bleibt da die Frage, ob Sie damit in die Medien wollen?

    Manchmal ergibt sich die Steilvorlage für einen Konflikt aber von alleine.

    ➡️ Beispiel: Jan Böhmermann kritisiert in seiner Show ZDF Royale einen bis dato völlig unbekannten Imker und bezichtigt ihn des “Beewashings” (= analog Greenwashing).

    Der Imker Rico Heinzig öffentlichkeitswirksam schlägt zurück, in dem er auf seinen Honigglas ein Konterfei Böhmermanns klebt und mit dem Spruch “führender Bienen- und Käferexperte empfiehlt” wirbt. Böhmermann verklagt den Imker daraufhin und verliert in erster Instanz.

    Rico Heinzig und sein Honig sind nun deutschlandweit bekannt, sein “Böhmermann-Honig” soll sich außerordentlich gut verkaufen.

  8. Erotik, Sex and Crime: Einst angesehene Manager wie Uli Hoeneß und Thomas Middelhoff, die wegen Steuerhinterziehung und/oder Untreue in den Knast müssen - das interessiert Journalisten und Leserinnen.

    ➡️ Falls Sie besondere Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die in diese Rubrik fallen, ist Ihnen die Aufmerksamkeit gewiss. Spontan fallen mir hier Beate Uhse ein, über die Journalisten immer wieder gerne berichteten. Neulich hörte ich zum ersten Mal von “veganer Verhütung” (keine Ahnung, was sich dahinter verbirgt, klingt aber spannend und für mich auch etwas schräg). Allerdings ist in dieser Schublade Fingerspitzengefühl gefragt.

3. Fassen Sie die Kernbotschaft Ihrer Pressemitteilung in einem Satz zusammen

Auch das ist eine guter Test, ob sich Ihr Inhalt für eine Pressemitteilung eignet:

  • Fassen Sie den Inhalt Ihrer geplanten Medienmitteilung in einem Satz zusammen. Wenn Sie hier Probleme haben, checken Sie bitte Ihren Inhalt bitte nochmal auf Nachrichtenfaktoren.

  • Erzählen Sie diesen Satz jemandem, der stets ehrlich zu Ihnen ist. Ich nenne es die Oma-Hildegard-Regel (oder Onkel-Heinz-Regel), denn Omas, Opas, Tanten und Onkels sind meistens recht ehrlich und unverblümt. Wenn Sie Hildegard oder Heinz Ihre Story erzählen: Zucken sie da mit den Schultern oder hören Ihre Verwandten interessiert zu?

  • Erfüllt dieser Satz einer der beschriebenen Nachrichtenfaktoren? Dann können Sie loslegen und aus diesem Satz gleich Ihre knackige Überschrift entwickeln.

4. Wie lang darf eine Pressemitteilung sein?

Die Aufmerksamkeitsspanne von Journalisten ist kurz. Als Solopreneur sollte Ihre Pressemitteilung nicht länger als eine DINA4-Seite sein. Das entspricht mit allen Elementen einer Zeichenzahl von etwa 2000 inklusive Leerzeichen.

Ganz wichtig ist hier auch die Form:

  • Die aussagekräftige Überschrift mit der Kern-Botschaft darf etwas größer und fett sein, z.B. in Schriftgröße 18pt.

  • Der Teaser (= Einleitung) darunter fasst den Inhalt der Presseinformation in ein bis zwei Sätzen so zusammen, z.B. in 14pt, dass der Redakteur weiterlesen möchte.

  • Dann folgt der sogenannte Lauftext. Wählen Sie Blocksatz oder linksbündig. Achten Sie hier auf eine gut lesbare Schriftart (ich bevorzuge Schriften ohne Serifen) und Schriftgröße und einen ausreichenden Zeilendurchschuss (= Abstand zwischen den Zeilen) z.B. von 1,5 Zeilen.

  • Abschnitte und ein ausreichend großer Rand tragen dazu bei, dass Ihre Pressemitteilung lesefreundlich wird.

  • Bleiwüsten in kleiner Schrift um möglichst viel auf einer Seite unterzubringen, schrecken Leser und damit auch Journalisten ab.

5. Welche Elemente muss eine Pressemitteilung enthalten?

Inhaltlich muss eine Presseinformation die W-Fragen beantworten: Wer macht was, wann, wo und warum?

  • Setzen Sie die wichtigsten Fakten an den Anfang.

  • Neben Überschrift, Teaser und Lauftext benötigt eine Pressemitteilung

  • den Absender, also das Unternehmen,

  • die Ansprechpartnerin für Rückfragen und

  • das Versanddatum.

6. Welche Elemente kann und darf ich zusätzlich in eine Pressemitteilung aufnehmen?

Weitere mögliche Elemente sind:

  • Fotos mit Nennung der Rechte bzw. dem Hinweis, dass die Nutzung für die Presse honorarfrei ist

  • Hinweise auf ein Fotoarchiv, welches die Presse gratis nutzen kann. Aufwendige Registrierprozesse sind bei Redaktionen und Journalisten allerdings äußerst unbeliebt, da sie Zeit kosten. Im Zweifel wird hier also die Redaktion auf die Nutzung des Fotomaterials verzichten.

  • Die sogenannte Boilerplate, also eine Zusammenfassung der wichtigsten Fakten über das Unternehmen, welches die Pressemitteilung verschickt. Sie bleibt für jede Pressemitteilung gleich und ist eher ein Standard für größere Unternehmen. Bei Einzelunternehmerinnen und Kleinstbetrieben wirkt das eher etwas aufgesetzt.

  • Sperrfristen: Zu Sperrfristen habe ich eher ein gespaltenes Verhältnis. Meine Meinung als Wirtschaftsjournalistin lautet dazu: Unternehmensnachrichten sollten erst dann versandt werden, wenn sie veröffentlicht werden dürfen. Warum? Journalisten können sich an Sperrfristen halten, müssen es aber nicht.

    Häufig setzen Verlage Sperrfristen bei brisanten Buch-Neuerscheinungen als PR-Instrument ein, z.B. bei heiklen Biografien über Ex-Politiker, um die Gerüchteküche vorab anzukurbeln und das Interesse durch die Sperrfrist zu erhöhen.

7. Welcher Sprachstil eignet sich für eine Medienmitteilung?

Wie schreibt man also eine gute Pressemitteilung? Meine Antwort dazu: nachrichtlich, neutral, verständlich und ohne Wortgirlanden. Es geht um Fakten, nicht um Literatur.

Was heißt das konkret?

  • Viele aktive Verben, passive Verben vermeiden. Das hat den positiven Nebeneffekt, dass Sie stets Ross und Reiter nennen müssen, also wer hat was gemacht. Sie können sich nicht hinter Passiv-Sätzen verstecken.

  • Wenig Adjektive, vor allem keine Superlative

  • Bei bestimmten Formulierungen stellen sich Journalisten die Nackenhaare auf. Ich habe eine Liste von Sätzen angelegt, die Journalisten hassen.

  • Bitte verzichten Sie auf Selbstbeweihräucherung in jeglicher Form. Auch wenn Sie denken, dass Sie Ihr Eigenlob noch so subtil ist: Journalisten riechen das. Sie verschaffen sich damit keine Sympathiepunkte, sondern nur Augenrollen.

  • Das gilt insbesondere auch für Zitate. Zitate des CEOs oder der Unternehmerin nach dem Motto “Wir sind die Tollsten” oder “In meiner Nische bin ich der Marktführerin” sind für die Presse öde. Zitate sollten knackig sein, in einer Sprache, wie jemand tatsächlich spricht. Sie dürfen gerne (etwas) polarisieren oder eine klare Haltung zu einem Thema wiedergeben. Weichgespülte Statements und “einerseits, andererseits”-Relativierungen eignen sich dagegen nicht.

  • Und: Bitte stets die Formulierung “Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu dürfen….” aus allen Zitaten komplett streichen.

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