Von Medientrainern lernen: 4 rhetorische Tricks

Hantel, Sportlerin und Zeitung als Metapher für Medientraining

Medientrainerinnen und Medientrainer unterstützen beim Umgang mit Journalisten vor und hinter der Kamera.

1. Was macht ein Medientrainer?

Bei Medientrainern handelt es sich um erfahrene Journalisten, die Leute für die Presse fit machen. Das kann ein Medientraining vor der Kamera für ein Fernsehinterview sein, bei dem der Journalist die aufgenommene Video-Sequenz anschließend in Sachen

  • Stimme

  • Rhetorik

  • Blickrichtung und

  • Körpersprache analysiert.

Zum zweiten gehört zu einem Medientraining unbedingt auch, dass Sie genau wissen, welche Botschaft Sie rüber bringen wollen.

Es gibt natürlich Naturtalente, die ohne Medientraining glänzen. Viele müssen aber hart an sich, ihrer Rhetorik und ihrer Stimme arbeiten.

Im Fernsehen gilt ja das Bonmot: Es ist nicht wichtig, was du sagst, sondern WIE du es sagst. Gerade wenn Sie Live-Interviews in TV und Radio geben wollen, ist ein klassisches Medientraining sinnvoll.

2. Welche rhetorische Tricks sind beliebt?

Es gibt viele Tricks, mit denen geübte Rhetoriker aus Politik, Wirtschaft und Sport in Talkshows arbeiten. Natürlich lassen sich diese nicht nur im Fernsehen anwenden, sondern auch in anderen Gesprächssituationen.

Gute + schlechte Interview-Beispiele fürs Drumherum-Reden: Svenja Schulze und Annalena Baerbock

Sie bekommen eine Frage gestellt, auf die Sie nicht antworten wollen oder nicht antworten können. Dann antworten Sie einfach etwas anderes, beispielsweise mit einer Unternehmens-Botschaft, die Sie unbedingt rüberbringen wollen, einem Ablenkungsmanöver oder viel Blabla.

Negativ-Beispiel: Ein wenig gelungenes Vorgehen, wie man eine Frage nicht beantwortet, sondern versucht mit Apparatschik-Jargon (“Maßnahmenprogramm”, “wir brauchen Innovationen”, “Maßnahmenkatalog”) zu umgehen, zeigt ein Interview mit Ex-Umweltministerin Svenja Schulze aus dem Jahr 2019.

Der Journalist Thomas Walde stellt Schulze die Frage nach ihrer Haltung bzw. der ihrer Partei SPD zum Thema CO2-Reduktion per Tempolimit. Obwohl Walde hartnäckig fünf Mal fragt, beantwortet sie die klar formulierte Frage nur mit Worthülsen und verweist auf den damaligen Verkehrsminister Andreas Scheuer.

Walde schneidet nun ein anderes Thema an, aber kurz vor Ende des Interviews stellt er Schulze die Frage nochmal - und zwar nach ihrer persönlichen Haltung zum Tempolimit. Schulze bleibt stur und beantwortet die Frage nicht, obwohl sie das hätte tun können ohne das Gesicht zu verlieren.

Wie wirkt so etwas? Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber auf mich wirkt Schulze in diesem Interview unsympathisch. Ich hätte ihr als Medientrainerin nicht zu diesem repetitiven Abwimmeln mit null Aussage geraten, sondern eher dazu einmal Klartext zu reden: “Ich verstehe Ihre Frage: Ich persönlich als Privatperson finde ein Tempolimit gut, aber als Umweltministerin kann ich derzeit zum Tempolimit keine Stellung nehmen.”

Authentisch: Live-aus-dem-Zug-Interview mit Annalena Baerbock

Deutlich angenehmer kommt Außenministerin Annalena Baerbock in ihrem Interview aus einem Zug zwischen Charkiw und Kiew rüber, die auf die wiederholte Frage “Wann werden endlich Marder-Kampfpanzer an die Ukraine geliefert?” von Carmen Miosga antworten muss, aber eben noch nichts Konkretes versprechen kann. Warum? Weil sie sich natürlich mit den Nato-Bündnispartnern stets abstimmen muss, um einen Flächenbrand des Kriegs zu verhindern.

Allerdings zeigt sie in dem Interview auch Emotionen und sagt auch, wie schwierig die Situation für sie persönlich sei, nachdem sie sich auch selbst vor Ort ein Bild von der Dramatik der Lage und dem Leid der Bevölkerung gemacht hat. Sie verwendet die Formulierung “auch wenn einem das Herz brennt”, ihre Stimme ist sichtlich heißer. Auf mich wirkt das deutlich authentischer und ehrlicher.

Das Ja-Nein-Doch-Interview von Friedrich Nowottny mit Willy Brandt

Legendär ist ja das Interview zwischen TV-Journalist Friedrich Nowottny und SPD-Bundeskanzler Willy Brandt 1972. Hintergrund: Nowottny teilte Brandt vor dem Interview mit, dass er leider nur anderhalb Minuten Zeit für das Interview habe.

Darauf antwortete Willy Brandt Nowottnys Fragen nur mit “Ja, “Doch” und “Nein”. Im Ergebnis dauerte das Interview nur 29 Sekunden. Man sieht Brandt im Gesicht an an, dass er zwischendurch Spaß an dem Interview hatte.

Wie wirkt Brandt? Auf jeden Fall souverän, deutlich souveräner als der Fragesteller Nowottny, der sich sichtlich abmüht und immer längere Fragen stellt, um die vorgegebene Zeit zu füllen. Dazu kommt, dass Brandt den Journalisten deutlich überragt.

Hätte ein Medientrainer zu diesem Vorgehen geraten? Ich sage es mal so: Willy Brandt konnte sich das als Bundeskanzler und Friedensnobelpreisträger leisten. Bei allen anderen würde ich sagen: Das machen Sie genau einmal, dann werden Sie aber nie wieder zu einem Live-Interview oder überhaupt eingeladen. Denn hier lässt ein Politiker einen Journalisten glasklar auflaufen.

Noch etwas ist interessant an diesem Interview: Keiner weiß heute mehr, worum es eigentlich in dem Interview ging, aber das “Wie” ist in die Annalen der Interview-Geschichte eingegangen.

Fieser Rhetorik-Trick 1: Fragen mit Unterstellungen

Ein recht fieser Trick ist eine Frage mit einer Unterstellung, auf die Sie weder mit “Ja” noch mit “Nein” antworten können, weil Sie sonst etwas zugeben, was (hoffentlich) nicht stimmt. Beispiele für solche Fragen sind:

“Sind Sie immer noch korrupt?”

“Verreisen Sie immer noch auf Firmenkosten mit Ihrer Familie?”

“Beuten Sie Ihre Mitarbeiter immer noch aus?”

Für solche Ernstfälle sollten Sie ein paar Formulierungen parat haben. Neutral wäre die Antwort:

“Sie gehen hier von falschen Annahmen aus, daher kann ich die Frage nicht beantworten” oder

“Ihre Frage enthält eine Unterstellung, daher kann ich diese nicht beantworten”.

Angriffslustiger wäre die Variante: “Reden wir jetzt von mir oder von Ihnen?”

Fieser Rhetorik-Trick 2: Persönlicher Angriff statt sachlicher Antwort (Ad hominem)

Ebenfalls ein Klassiker ist es die Frage an sich zu kritisieren. Berühmt wurde der Fußball-Profi Toni Kroos mit seinem “Du hattest 90 Minuten Zeit dir vernünftige Fragen zu überlegen”-Live-Interview nach dem gewonnenen Champions-League-Finale 2022 gegen Liverpool. Er bricht vor laufender Kamera das Interview ab. Offenbar hatte Kroos jetzt nach dem Gewinn des Matches ein reines PR-Jubel-Interview erwartet, anders kann ich mir diese krasse Reaktion nicht erklären.

Wie wirkt der Interviewte? Auf mich wirkt das oberlehrermäßige “Du hattest jetzt 90 Minuten Zeit….” überheblich, der Abbruch des Interviews geradezu kindisch.

Ebenfalls schön zu sehen: Kroos duzt plötzlich den Reporter. Das ist kein Versehen, denn in der Sport- und Entertainment-Branche ist es tatsächlich so, dass sich Journalisten und Stars duzen, aber eben vor der Kamera auf das “Sie” umschwenken um eine professionelle Distanz einzuhalten.

Deutlich professioneller wirkt auf mich das durchaus vergleichbare “Wat wollense jetzt hören?…Ich gehe jetzt erst mal drei Tage in die Eistonne”-Interview mit Per Mertesacker nach dem mühsam gewonnen WM-Spiel gegen Algerien. Warum? Weil er sichtlich erschöpft und genervt nach 120 Minuten das Interview durchsteht und die durchaus legitimen Fragen des Reporters beantwortet.

3. Medientraining wie Indiemedien es anbietet

Bevor Sie Journalisten kontaktieren oder sich Interview-Situationen aussetzen, sollten Sie Ihre eigenen Botschaften kennen und druckreif formulieren. Mindestens genauso wichtig wie Ihre Botschaft ist es, dass Sie Ihre rhetorischen Fähigkeiten ehrlich einschätzen.

Als Medientrainerin bringe ich Einsteigern in Form von Übungsinterviews bei, wie Sie Ihre Story samt Botschaft finden und diese schriftlich und mündlich klar gegenüber Redaktionen und Journalisten formulieren. Dabei ist weniger oft mehr.

Natürlich lernen Sie von mir auch, was sie bitte vermeiden, wenn sie Redakteure kontaktieren oder sich in einer Interview-Situation befinden.

Falls Sie schon erste Presseanfragen erhalten haben, aber nicht wissen, wie Sie damit umgehen sollen

Wenn Sie unsicher sind, ob eine Pressemitteilung der richtige Weg für Sie ist

4. Mein Angebot: Workshops, Beratung, Seminare

Als Journalistin mit 25 Jahren Berufserfahrung stelle ich immer wieder fest: 90 Prozent aller Kontaktaufnahmen von Leuten, die wollen, dass ich über sie berichte, gingen und gehen immer noch in die Hose.

Warum?

Sie fallen mit der Tür ins Haus und wollen mir sehr offensichtlich ihr Produkt oder ihre Dienstleistung als heiße Story schmackhaft machen. Häufig gepaart mit einer sehr werblichen Ansprache und/oder Eigenlob.

Mein Ziel ist, dass Sie weg kommen vom Absender-orientierten Denken, hin zur Journalisten-Perspektive:

  • Was brauchen Journalisten wirklich?

  • Wann ist ein Thema ein Thema, das Journalisten interessiert, und wann nicht?

  • Wie bietet man ein Thema einer Redaktion an, was geht gar nicht?

  • Ist eine Pressemitteilung der richtige Weg?

  • Was wäre die Alternative?

Als Medientrainerin und Journalistin ist mir ein respektvoller Umgang mit meinen Kundinnen und Kunden, aber auch mit der Presse wichtig.

Von mir erhalten Sie ein ehrliches Feedback, was bei Themenvorschlägen, Interviews und der direkten Kommunikation mit Journalisten geht und was eben nicht.

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Vier rhetorische Tricks von Medientrainern lernen

Wer sich mit Medientrainern auf die Presse vorbereitet, wirkt im Umgang mit Journalisten souveräner.


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